Herzlich Willkommen!

Seit September 2014 bin ich nun schon in Tansania. Auf diesem Blog veröffentliche ich die Erfahrungen und Erlebnisse aus meinem einjährigen Freiwilligendienst. Herzlich willkommen!
-Alles ist noch ein wenig im Aufbau, aber ich geb mein Bestes!-

Mittwoch, 25. Februar 2015

So ticken Tansanier

Jeder, der für einige Zeit in Tansania unterwegs war, kommt an einem nicht vorbei. Den immer gleichen Redewendungen. An den Lieblingssätzen meiner Freunde, Nachbarn und Kollegen kann man, so finde ich, einiges über die generelle Lebenseinstellung und die Mentalität des Landes erfahren. Viel Spaß also mit dieser kleinen Charakterisierung des typischen Tansaniers anhand von den am meisten gehörten Sätzen.

„POLE POLE“
Die unschlagbare Nummer eins, vor allem, wenn man sich in touristischen Gegenden, wie etwa Sansibar, befindet. Übersetzten kann man es mit „Immer mit der Ruhe“ oder „Ganz entspannt!“. Auf jedem zweiten Souvenir und Touristenramsch ist „Pole Pole“ aufgedruckt (dicht gefolgt von „Hakuna Matata“, s. u.).
Der Tansanier kennt keinen Stress (außer wenn es darum geht, als schnellster in den Bus einzusteigen – obwohl jeder einen festen Sitzplatz hat…). Ob etwas heute oder morgen oder nächsten Monat verrichtet wird, spielt keine Rolle. Der Tansanier ist immer tiefenentspannt und kennt so etwas wie (die typisch deutsche) Pünktlichkeit oder Zeitdruck nicht. Die meisten Menschen besitzen hier auch keine Uhr. Man steht auf mit der Sonne und geht zu Bett, sobald es dunkel wird, denn elektrisches Licht haben hier nur wenige. Diese Lebenseinstellung macht den Tansaniern das Leben sehr viel leichter, doch für mich Deutsche war es anfangs schon ziemlich anstrengend, wenn Termine nicht eingehalten werden oder Arbeiter einfach nicht weiterarbeiten. In meinem Zimmer wurde letzte Woche erst das Fenster eingebaut, obwohl ich schon seit einem halben Jahr dort wohne (Ja, es hat reingeregnet!). Der Arbeiter, der damit beauftragt wurde, ist einfach irgendwann gegangen und bis letzte Woche nicht wiedergekommen. Für die Menschen hier ist das jedoch kein Problem und auch keine Seltenheit, denn irgendwie läuft es ja auch so.
Obwohl es für uns oft unverständlich und verantwortungslos scheint, konnte ich mir von dieser lockeren Einstellung auch schon einiges abgucken. Wenn der Bus nicht kommt, dann kommt er eben nicht. Da hilft ärgern dann auch nicht viel. In dieser Angelegenheit gilt es meiner Meinung nach – wie in so vielen Dingen – den goldenen Mittelweg zu finden (wie mein Deutschlehrer Herr Fauth von Kreitmayr immer zu sagen pflegte!).


„MZUNGU!“
„Weißer!“
Das man weiß ist, viel Geld hat und ganz viele Geschenke zum Verteilen, wird einem hier tagtäglich immer wieder klargemacht. Besonders Kinder schreien sich die Seele aus dem Leib, wenn man vorbei geht, doch auch Erwachsene rufen uns einfach immer „Mzungu!“ hinter her, oft gefolgt von der Aufforderung, ein Geschenk oder Geld dazulassen. Wie wir darauf reagieren sollen, ob es ein „Hallo!“ oder „Schau her!“ sein soll, ist uns bis heute noch unklar. Geschenke und Geld verteilen wir zudem eher ungern an wildfremde Personen, die uns anschreien.
Auf jeden Fall macht dieses Verhalten auch ganz gut deutlich, dass Weiße in dieser Region eher eine Ausnahme sind. Auch meint man hier, dass im „Westen“ Milch und Honig fließt und wir mal eben jedem zweiten im Dorf den Flug nach Deutschland bezahlen können. Dass wir Freiwilligen gerade frisch von der Schule kommen und unseren Freiwilligendienst durch Spenden und die Unterstützung des Staates finanzieren mussten, kümmert hier niemanden. Wir sind doch weiß! So langsam geht mir das ziemlich auf die Nerven. „Die sind hier ja rassistischer als der ganze Westen zusammen!“, stellte meine Freundin dann auch einmal trocken fest. So ganz vergleichen kann man das natürlich nicht, aber schmunzeln musste ich dann doch, als ich mir vorstellte, in Deutschland „Schwarzer!“ zu brüllen und Geschenke zu fordern.


„HAKUNA MATATA“ oder „HAMNA SHIDA“
Übersetzt: „Kein Problem“. Einigen dürfte nun die Melodie von „Hakuna Matata“ aus dem König der Löwen in den Kopf kommen und prinzipiell beschreiben Timon und Pumbaa in ihrem Lied die Einstellung des Tansaniers auch ziemlich treffend. Alles läuft doch irgendwie, also keinen Stress machen und „Hamna shida“ sagen. Ähnelt ziemlich stark dem „Pole Pole“! (s. o.)


„KARIBU SANA“
Eine wirklich freundliche Angewohnheit meiner derzeitigen Landsleute ist, dass man bei jedem „Herzlich willkommen!“ ist. Da Gäste als Segen gelten (besonders natürlich, wenn sie weiß sind!), wird für den Besuch ein Festmahl auf den Tisch gezaubert und ein Großputz veranstaltet. Schon bei einigen Nachbarn oder Freunden saßen wir in der Stube und fühlten uns tatsächlich wie daheim. Die tansanische Gastfreundschaft ist sehr bemerkenswert, besonders, da an so vielen Ecken gespart wird, um für die Gäste etwas Fleisch zu besorgen und Flaschenwasser (hier sehr teuer) bereitzustellen. Die Menschen sind auch untereinander immer sehr herzlich und es gibt bis ins hohe Alter viele feste Freundschaften. Die Tansanier sind also ziemlich sozial und kontaktfreudig – vereinsamen kann man hier wirklich nicht!

 
Der große Unterschied zwischen der westlichen Mentalität der Erfolgs- und Gewinnmaximierung und der tansanischen Tiefenentspanntheit, ist wahrscheinlich auch ein Grund für das Scheitern vieler Entwicklungshilfeprojekte. Man kann in diesem Land einfach nichts mit strikten Plänen, Kalkulierungen und im Voraus geplanter Effizienz erreichen – hier ticken die Uhren eben anders.
Wenn auch viele Politiker und Unternehmensführer das noch nicht begriffen haben, bin ich sicher, dass ihr nun etwas besser Bescheid wisst, was in tansanischen (und vielleicht auch anderen afrikanischen) Köpfen, so los ist.
Ganz entspannte Grüße also,
eure Luca!




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen